Wenn Menschen an New York denken, sind es meist Bilder aus Manhattan, die ihnen zuerst in den Sinn kommen. Der „Big Apple“, eine längliche Insel, von Hudson und East River begrenzt, ist der kleinste – und gleichzeitig der am dichtesten besiedelte von den fünf „Boroughs“ New Yorks. Die Einführung der Zoning Resolution und deren Anpassung sorgten für die breite Avenues und die Wolkenkratzer, die sie zu einer der berühmtesten Metropolen der Welt machten.

Geschichte

Die Geschichte der „Midtown Manhattan“ beginnt 1609 mit der Entdeckung der Insel Manhattans durch Seefahrer der holländisch-ostindischen Kompanie. Schnell wird daraufhin eine Stadt nach europäischem Vorbild erbaut, deren städtebauliche Anpassungen dem unwegsamen Gelände geschuldet sind.1 Nach der Übernahme des Gebietes durch die britischen Kolonien dauert es nicht lange, bis die junge Stadt ein enormes Wachstum erlebt. Für die Erweiterung Richtung Norden entscheidet man sich nach jahrelangen Diskussionen 1811 den sogenannten „Commisioner‘s Plan“ durchzuführen. Dieser sieht vor, das Erweiterungsgebiet einem klar-geometrischem Raster zu unterwerfen. Der ehrgeizige Plan orientiert sich damit an Grundsätzen der Effizienz, um eine Umsetzung in kurzer Zeit und trotz geringer finanzieller Mittel zu ermöglichen. Einzig auf diese Weise, so die damalige Auffassung, lasse sich der rasante Bedarf an (Wohn-)Raum decken. Lediglich der „Broadway“ wurde nie in das Raster eingebunden, da er sich als bedeutende Handelsroute etabliert hatte. Mit der Erfindung des Personenaufzugs Mitte des 19. Jahrhunderts wird der Grundstein für die Entwicklung der Wolkenkratzer im Zentrum der Stadt gelegt. War die Erschließung von Geschossen oberhalb der vierten Etage zuvor noch problematisch, kann die vertikale Bebauung von nun an zusätzlichen Wohnraum generieren. Zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Stadt bereits bis zu ihren geografischen Begrenzungen ausgebreitet hat, ist eine Erweiterung in die Höhe das einzige Potenzial. Vor allem im kommerziellen Zentrum „Midtown Manhattans“ in dem Unternehmen ständigen Profitüberlegungen unterworfen sind, wird diese Maßnahme zum gemeingültigen Kredo.2

Raster

Regelwerke und Entwicklung

Infolgedessen entwickelt sich im Geschäftszentrum der Stadt ein wettkämpferischer Bau-Wille, der sich in zunehmenden Gebäudehöhen äußert. Maximale Nutzflächen sollen dabei hohe Profitabilität generieren und lassen die Gebäude hinsichtlich ihrer Fläche und Nutzungsdurchmischung zu „Städten in der Stadt“ werden. Die resultierende Konkurrenz nimmt eine mögliche Verschattung der benachbarten Gebäude in Kauf. Die beschriebenen Tendenzen werden im Bau des “New York Athletic Club“ ersichtlich und münden schließlich in der Einführung der Zoning Resolution von 1916.3 Diese sieht vor, Fassaden massiver Bauten nur bis zu einer bestimmten Fluchtlinie zu errichten. Allerdings sind die neuen Vorschriften ausschließlich Anlass, die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf möglichste geschickte Weise zu umgehen. So strebt auch das 1947 erbaute Universal Picture Building‘ trotz einrückender Geschosse auf drei Seiten nach maximalen Nutzflächen. Für einen Verzicht von Staffelungen jeglicher Art waren große Abstandsflächen einzuhalten. Das 1958 erbaute „Seagram Building“ nach Plänen Mies van der Rohes konnte sich dies zunutze machen und im Baustil des schlichten Internationalismus verwirklicht werden. Das Gebäude wurde weit von der Straße abgerückt, um seine Höhe ohne jegliche Staffelungen erreichen zu können und generierte zugleich aus den Umständen heraus einen öffentlichen Stadtraum. 1961 kommt es daraufhin zu einer Anpassung der Zoning Resolution.

New York Athletic Club
Universal Picture Building
Seagram Building

Mit der gesetzlichen Einführung einer Geschossflächenzahl sollen Freiflächen im Stadtraum erhalten werden. Eine neue Gebäudetypologie bemüht sich um die Leitlinie „Space positive rather than mass positive“. So ist das Erdgeschoss des “Citicorp Center“ nahezu gänzlich aufgelöst und bietet Passanten Flächen zur Erholung.3 Der Profitdrang der Gewerbe bestimmt bis heute das Stadtbild und sorgt dafür, dass die Midtown einem ständigen Wandel unterliegt. Während nur einige Gebäude denkmalgeschützt sind, bleiben die restlichen Gebäude meist nur wenige Jahrzehnte bestehen, bevor sie einem neueren, effizienteren Gebäudetypus weichen müssen. Das Raster der Midtown wird nur in den seltensten Fällen unterbrochen. Private Bauten müssen sich nach den Vorgaben des Rasters richten und nutzen dieses in vollen Zügen aus, öffentliche Nutzungen hingegen durchbrechen dieses öfter. Neben Kirchen, die von den Blockbegrenzungen abgerückt sind, nehmen Parks und öffentliche Bauten, wie die großen Bahnstationen der Midtown, gleich mehrere Baublocks ein.

Citicorp Center
Öffentliche Nutzungen

Verkehr und Infrastruktur

Da „Midtown Manhattan“ sich inmitten der Insel befindet, erfolgt die Erschließung hauptsächlich über Brücken und Tunnel. Die Straßen entsprechen dem übergeordneten Raster der Stadt. In Längsrichtung liegen die „Avenues“ mit einer Breite von 30,5 m. Der Querschnitt der dazu quer verlaufenden „Streets“ beträgt in der Regel 18 m. Nahezu alle Straßen funktionieren als Einbahnstraßen. Eine Ausnahme bildet neben dem „Broadway“ die „Park Avenue“, deren Bedeutung als Haupterschließungsachse durch den Verkehr in beide Fahrtrichtungen betont wird.4 Der öffentliche Nah- und Fernverkehr ist von großer Bedeutung für die Stadt. Die Subways verlaufen größtenteils entlang der Avenues und dienen, ausgehend von den östlichen und nördlichen Stadtteilen New Yorks, zur Erschließung der „Midtown“. Der Fernverkehr ist über die „Penn Station“ und dem „Grand Central Terminal“ an die Midtown angebunden. Dadurch werden zum einen New Jersey und zum anderen weiter entfernt liegende Stadtteile in das infrastrukturelle Netz integriert.4

Avenues
Streets
Park Avenue

Öffentlicher Raum

Mit dem Bryant Park befindet sich eine verhältnismäßig kleine Grünfläche in dem dicht bebauten „Midtown Manhattan“. Sie nimmt die Dimensionen von zwei Blocks ein. Im Norden des Gebietes schließt der „Central Park“ an: eine 340 Hektar große Parkfläche, die das Gegengewicht zu der sonst so dicht bebauten Stadt bildet. Sie erstreckt sich über eine Fläche von insgesamt 151 Blöcken und wird bereits 1858 planerisch in das übergeordnete Stadtraster integriert.2 Während die „Midtown Manhattan“ nur vereinzelt weitere öffentliche Freiflächen bietet, entwickelten sich im Zuge der Zoning Resolution neue halböffentliche Freiflächen, die den Gebäuderücksprüngen geschuldet sind. Diese sind jedoch in den seltensten Fällen ausgestaltet und dienen meist nur dem rein pragmatischen Zweck, die Bauvorgaben zu erfüllen.3 

Gebäuderücksprünge

Programme

Die Nutzung innerhalb „Midtown Manhattans“ ist größtenteils rein gewerblich. Es gibt nur wenige Ausnahmen, die sich vor allem in unmittelbarer Nähe zum Central Park befinden.4 Mit der Entwicklung der Wolkenkratzer geht das Konzept des „typical plan“ einher. Jede Etage ist autonom und kann eine eigene Realität suggerieren, die sich womöglich gänzlich von den Nutzungen anderer Etagen unterscheidet. Diese eigenwillige Nutzungsstruktur innerhalb des Geschäftszentrums kann am besten anhand des ‚Rockefeller Center‘ erläutert werden. Bis 1939 wird es in verschiedenen Bauabschnitten fertiggestellt und setzt sich zum Ziel „ein Maximum an geschäftlichen Aktivitäten und Publikumsverkehr mit einem Maximum an Licht und Raum zu verbinden.“2 Mithilfe dieser Leitidee soll außerdem ein Maximum an Profit erzielt werden. Das Bauprojekt erstreckt sich über drei Blöcke und beinhaltet Zugänge zur Subway sowie ein unterirdisches Tunnelsystem mit Einkaufsläden und Restaurants. Auf der Erdgeschossebene sind neben den Haupteingängen weitere Läden und Restaurants aufzufinden, die mit dem Stadtraum interagieren. In den unteren Geschossen befinden sich die Filmstudios des Fernsehsenders NBC, auf denen sich Dachgärten befinden. In den oberen Etagen kommen Büroräume hinzu sowie eine Aussichtsplattform auf der obersten Etage.2

gewerbliche Nutzungen
Rockefeller Center
 

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Autor*innen

  • Gabriel Cameron (Leibniz Universität Hannover, Abteilung für Stadt- und Raumentwicklung, Wintersemester 2019)
  • Nicolas Witt (Leibniz Universität Hannover, Abteilung für Stadt- und Raumentwicklung, Wintersemester 2019)

Quellen

  1. Klotz, Heinrich / Sabau, Luminita (Hg.): New York Architektur 1970 - 1990. Stern, Robert A. M, Die Erbauung der Welthauptsatdt,, S. 13-45, 1989
  2. Koolhaas, Rem:  Delirious New York. Ein retroaktives Manifest für Manhattan, 3. Aufl, Aachen 2006
  3. Lehnerer, Alexander: Grand Urban Rules, S. 165-188, Rotterdam 2009
  4. The Department of City Planning New York. New York City’s Zoning and Land Use Map. https://zola.planning.nyc.gov/about, Stand 12.02.2020
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