Ausgangslage
Nach der Gründung der DDR 1949 wurde ein neuer Aufbauplan für Ost-Berlin erlassen, mit dessen Hilfe eine Auflockerung der Innenstadt, neue Lebensräume und mehr Kultur- und Gesundheitsbauten geschaffen werden sollten, um schlussendlich die Bevölkerungsdichte zu verringern.1
Die erste Phase des Plans beinhaltete den Wiederaufbau der stark zerstörten, ehemaligen Frankfurter Straße in Friedrichshain. Hier sollten im ersten Bauabschnitt auf 1,8 Kilometern Wohnraum für 14.000 Menschen entstehen.2 Das ursprüngliche Konzept zur Neugestaltung Berlins, der so genannte “Kollektivplan” von Hans Scharoun 1949, sah Ein- und Zweifamilienhäuser zusammen mit Zweispännern und Laubenganghäusern in einem nestartigen Ensemble mit weiten offenen Grünflächen entlang der Allee vor. Während dieser Zeit bildeten sich innerhalb der Regierung zwei Lager mit unterschiedlichen Vorstellungen zum Wiederaufbau der Stadt. Die Befürworter von Scharouns Ideen standen gegen die Vorstellungen einer repräsentativen Metropole nach Moskauer Vorbild. Schlussendlich markierte die Umbenennung der Straße anlässlich Stalins 70. Geburtstags 1949 in Stalinallee den gestalterischen Wendepunkt der Planungen, und Sharouns Ideen wurden verworfen.1
Trotz der Ablehnung wurden in einem Test zwei Laubenganghäuser im Stil der Bauhaus-Architektur in Friedrichshain errichtet. Mit Ihrer strengen und nüchternen Bauweise entsprachen diese allerdings nicht den repräsentativen Vorstellungen der damaligen Politik und wurden schnell von angepflanzten Pappeln verdeckt.3
Geschichte
Die Planung der Allee teilte sich baulich in verschiedene Phasen. Diese wurden in ihrer Umsetzung stark von der jeweils vorherrschenden politischen Lage beeinflusst.
Phase 1
Um Stalins Vorstellung gerecht zu werden, mit Hilfe von Architektur “ein besseres Deutschland im Osten erblühen zu lassen” und das Ideal der sozialistischen Stadt nach Moskauer Vorbild zu erreichen, reiste eine Delegation der Regierung 1950 nach Moskau, Leningrad, Stalingrad und Kiew. Ergebnis der Exkursion war das Manifest “16 Grundsätze des Städtebaus”, welches sich nach sowjetischem Vorbild richtete.1
Aufbauend auf den gesammelten Eindrücken und Erfahrungen wurde 1951 das Hochhaus an der Weberwiese südlich der Stalinallee nach Plänen von Hermann Henselmann fertiggestellt. Mit seiner, an Moskauer Vorbilder angelehnte Architektur, der weißen Keramikfassade und der fortschrittlichen Ausstattung (Aufzüge, Müllschlucker, etc.) diente es als Prototyp für alle folgenden Gebäude entlang des Straßenzuges.
Nach der Auswertung eines 1951 ausgerufenen Ideenwettbewerbs für den östlichen Abschnitt der Stalinallee (Strausberger Platz - Frankfurter Tor) arbeiteten die fünf Preisträger, Egon Hartmann, Richard Paulick, Hanns Hopp, Karl Souradny und Kurt Leucht noch im selben Jahr einen endgültigen Kollektivplan für die Bebauung aus. Hierbei war jeder Architekt für einen Bauabschnitt entlang der Straße zuständig. Zudem wurde Hermann Henselmann 1952 für die Gestaltung der Eingänge Strausberger Platz und Frankfurter Tor beauftragt.4 Um den Bau zu beschleunigen, rief die SED im November 1951 zum “Nationalen Aufbauprogramm Berlins” auf, einer freiwilligen und unentgeltlichen Enttrümmerung der Bauabschnitte durch die Bewohner Ost-Berlins. Als Anreiz für die 45.000 freiwilligen Helfer wurden Lose pro geleistete Schicht zur Teilnahme an der “Aufbaulotterie” ausgegeben. Jedes Los erhöhte die Chance auf den Erhalt einer Wohnung in der Stalinallee. So entstanden bis 1959 große Teile des östlichen Abschnitts der Stalinallee in nationaler Bautradition und nach sowjetischem Vorbild.5
Regelwerk Phase 1
Der östliche Teil der Stalinallee stand ganz im Zeichen der stalinistischen Phase des sozialistischen Städtebaus (1930er-1950er) und den beschlossenen “16 Grundsätzen des Städtebaus”. Der Fokus lag hierbei auf dem Errichten von Magistralen, Aufmarschstraßen und Großbauten, die hauptsächlich der Verehrung der Staatsmacht dienten.6
In diesem Sinne wurde auch die Stalinallee als Paradestraße mit 90m überdurchschnittlich breit angelegt. Entlang des Straßenzugs vom Frankfurter Tor bis zum Strausberger Platz platzierten die Planer in den Abschnitten A-G eine korrespondierende Nord- und Südbebauung. So entstanden sieben- bis neungeschossige Wohnbauten, die zueinander axial ausgerichtet sind.5 Hierbei wurden alle Längsseiten der Gebäude zur Straße ausgerichtet, schmale Stirnseiten wurden durch Winkelbildung vermieden. Die durch eine Keramikbekleidung vereinheitlichten Fassaden lassen den Straßenabschnitt geschlossen und monumental wirken, was als Ausdruck für den machtbewussten, totalitären Staat gedeutet werden kann.3 Politisch vorgeschrieben für diese sogenannten “Arbeiterpaläste” war eine repräsentative gewerbliche Nutzung der Erdgeschosszone. Auch bezüglich Größe und Gestaltung der Wohngeschosse wurden gewisse Regelwerke erstellt. Ziel war es, mit standardisierten Grundrissen und moderner Ausstattung sich qualitativ stark von den bestehenden typischen Berliner Hofhäusern abzuheben. Eingefasst wird der östliche Teil der Allee von zwei Verkehrsknotenpunkten. Die zwei markanten neungeschossigen Türme des Frankfurter Tors mit ihren gläsernen Zylindern und Kupferkuppeln markieren den Beginn der ersten sozialistischen Straße in Berlin. Am anderen Ende öffnet sich der ovale Strausberger Platz, einer der wichtigsten Orte des Straßenzuges, mit zwei längs gerichteten vierzehngeschossigen Hochhäusern in Richtung Alexanderplatz. Mit ihrer Platzierung und den gebogenen Platzwänden wird die Durchgängigkeit Richtung Westen betont und der leichte Knick der Straße umspielt.1
Phase 2
Um der schlechten wirtschaftlichen Lage entgegenzuwirken und den Bau der Stalinallee weiter voranzutreiben, wurden die Normen und das Arbeitspensum der Arbeiter ohne jeglichen Lohnausgleich erhöht. Dies und eine allgemeine hohe Unzufriedenheit mit der Politik führten zu Protesten, die am 17.06.1953 eskalierten und von der Sowjetunion brutal niedergeschlagen wurden.7 Stalins Tod im selben Jahr führte zu einem politischen Umdenken und einer langsamen Entstalinisierung der DDR. 1961 wurde die Straße schlussendlich zur heutigen Karl-Marx-Allee umbenannt.
Stalins Nachfolger Chruschtschow forderte “besser, billiger und schneller bauen”,8 was zu einer standardisierten und modernen Architektur für den westlichen Teil der Karl-Marx-Allee (Strausberger Platz - Alexanderplatz) führte, die vor allem durch den neu eingefügten Serientyp QP (Querplatte) geprägt wurde. Das Leitbild des geschlossenen Stadtraums wird abgelöst von der aufgelösten Stadtlandschaft und ähnelt damit stark dem Kollektivplan von Hans Scharoun, mit ihren weitläufigen Grünflächen und einzelnen Verkaufspavillons dazwischen. Der plötzliche und schwierige Wechsel von nationaler Bautradition zu Typenbauten hatte das Entstehen von monotonen Plattenbau-Siedlungen zur Folge.4 In den darauffolgenden Jahren begann der langsame Verfall des Straßenzuges auf Grund von mangelhaften Materialien und finanziellen Notständen. Trotzdem war die Allee bis zum Fall der Mauer 1989 immer wieder Schauplatz von politischen Versammlungen und Demonstrationen des Militärs.1
Regelwerk Phase 2
In der zweiten Bauphase der Allee löste unter der Devise “Besser, billiger und schneller bauen!“8 von Chruschtschow und der langsamen Entstalinisierung die moderne sozialistische Stadt (1960er - 1970er) mit ihren einfachen, standardisierten Wohneinrichtungen und Plattenbauweisen die repräsentativen Bauten des östlichen Teils ab.4 Die Monumentalität der Gebäude rückt in den Hintergrund, die Magistrale wird immer mehr zu einer der Hauptadern des Verkehrssystems Ostberlins.6 Für den westlichen Teil war eine Weiterführung der Allee auch in ihrer Funktion als Ladenstraße gefordert. Entscheidenden Einfluss hatte hierbei das Verbot Punkthäuser, Laubenganghäuser und Maisonettewohnungen zu planen, da diese als Nachahmung Westberlins, vor allem dem gleichzeitig entstehenden Hansaviertels galten. Stattdessen entwarfen die Architekten Edmund Collein, Werner Dutschke und Josef Kaiser zwei neue Wohngebiete mit Scheibenhäusern des neuen Serientypens QPs entlang des Straßenzugs und dazu orthogonal ausgerichteten Zeilenbauten. Anders als im ersten Bauabschnitt wurde hier Quartier übergreifend geplant. Die Baukörper fügen sich in einer gerasterten Struktur mit vielen Freiflächen ein und dienen nicht nur als repräsentative Schale ohne Bezug zur Hinterbebauung, wie es im ersten Bauabschnitt der Fall war. Mit der Höhenstaffelung der Wohnblöcke von fünf bis zehn Geschossen versuchte man einen organischen Übergang zu den dahinterliegenden Bestandsvierteln zu schaffen. Ein weiterer Unterschied ist der radikale Wandel zur funktionalen Trennung von Gewerbe und Wohnen. Geplant waren elf freistehende Pavillons, welche die Scheibenhäuser einrahmen sollten. Hiervon wurden jedoch nur fünf gebaut. Die wenigen Kulturbauten, Café Moskau, Kino Kosmos und Kino International, die nicht wegen Einsparmaßnahmen gestrichen wurden, bekamen durch ihre Solitärbauweise eine Sonderstellung entlang der Allee.1
Infrastruktur und Öffentlicher Raum
Um ihrer Funktion als Magistrale gerecht zu werden und somit genug Platz für Aufmärsche und Militärparaden zu bieten, wurde die Karl-Marx-Allee im ersten Bauabschnittmit einer Breite von 90 Metern angelegt. Die heute größtenteils sechsspurige Verkehrsader wird durch drei große Knotenpunkte, den Alexanderplatz, den Strausberger Platz und das Frankfurter Tor rhythmisiert.1 Als eine der wenigen Grünflächen in diesem Abschnitt fasst der Grünstreifen im Norden die Straße. Die fehlenden Freiflächen sind ein Resultat des 12. Grundsatzes des Städtebaus:
"Die Stadt in einen Garten zu verwandeln ist unmöglich. Selbstverständlich muss für ausreichend Begrünung gesorgt werden. Aber der Grundsatz ist nicht umzustoßen: in der Stadt lebt man städtisch; am Stadtrand oder außerhalb der Stadt lebt man ländlicher.”9
Gegenüber der rigiden Struktur im Osten steht die Interbau im westdeutschen Hansaviertel mit dem Schwerpunkt der durchgrünten, aufgelockerten Stadt und den daraus resultierenden großen freien Grünflächen.5
Die wenige vorhandene Begrünung und das Stadtmobiliar, wie Bänke und Leuchten folgten strengen Gestaltungsvorgaben und mussten sich den Bauten unterordnen.1 Belebt wurden die Bürgersteige zu DDR-Zeiten durch eine außergewöhnlich hohe Anzahl (insgesamt 149 Geschäfte) an repräsentativen Konsummöglichkeiten in den Erdgeschosszonen. Mit dem Vermitteln der Kulturen der “sozialistischen Bruderländer” erfüllten einige Einrichtungen auch einen ideologischen Gedanken. Durch den stetigen Verfall der der Bauten auf Grund schlechter Bausubstanz waren in den 90er Jahren nur noch 26 Gewerbe in Betrieb. Die Urbanität der einstigen Prachtstraße nahm, vor allem auch durch die fehlende Verweilqualität, die dem repräsentativen Charakter geschuldet war, zunehmend ab.5
Im westlichen Teil wurde die Breite des Straßenzugs auf 125 Meter erweitert. Hiermit ermöglichte man einen relativ großen Abstand der Wohnbauten zur stark frequentierten Straße. Der Freiraum gliedert sich in einen breiten Aufbau: Verkehrszone - Grünstreifen - Bürgersteig - Grünstreifen - Eingangszone - Wohnblock. In der ursprünglichen Planung sollte jeder alleeseitige Wohnblock von zwei zweigeschossigen L-förmigen Verkaufspavillons eingerahmt werden. Die fünf realisierten Ladenbauten wurden durch ihr Angebot schnell zum Treffpunkt auf der Allee.3
Bereits vor dem zweiten Weltkrieg verlief unter der damaligen Frankfurter Allee die U-Bahnlinie E, heute Linie 5. Ihre Wichtigkeit für die Allee zeigte sich auch in der Werbung der damaligen Zeit: “...und mit der Linie E zu den Verkaufsstellen [...] in der Stalinallee.”10
Auch die städtebauliche Planung des westlichen Abschnittes richtet sich in Teilen nach den U-Bahnstationen. Auf Höhe der Station Schillingstraße befinden sich die Eingänge der neu entstandenen Wohngebiete, sowie die beiden Sonderbausteine, das Kino International und das Café Moskau.3
Bausteine/Programme der Allee
Um den repräsentativen Anforderungen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), gerecht zu werden, setzte man sich auch bei der inneren Gestaltung der Arbeiterpaläste das Ziel, Wohnungen mit einem Optimum an Qualität und einem Minimum an Material- und Baukosten zu schaffen. Hierzu wurden von den Architekten strikte Gestaltungsvorgaben umgesetzt. Die Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mussten ein repräsentatives Wohnzimmer, eine Essküche und die modernste Ausstattung, wie Müllschlucker und Aufzüge aufweisen. Das kleinste Zimmer durfte nicht unter 12 Quadratmeter fallen, das Größte nicht über 25 Quadratmeter. Auch in der Fenster- und Raumaufteilung gab es Vorgaben. Letzteres und die Ost-West-Lage führten zu starken Einschränkungen in der Gestaltung der Grundrisse.1
Die Kleinteiligkeit der Fassade im “Zuckerbäckerstil” mit Säulen, Ornamenten und Tempelmotiven, sollte sich auch in der künstlerischen Gestaltung der Innenräume fortsetzen.7
Wie durch die Aufbaulotterie versprochen, wurden 80% der Wohnungen im Erstbezug an Arbeiter zugewiesen. Mit einer Miete von 90 Pfennig pro Quadratmeter lagen die Mietpreise deutlich unter dem westlichen Standard.1
Die in der zweiten Bauphase entstandenen Scheibenhäuser ähneln nur noch mit ihrer gefliesten Fassade den Arbeiterpalästen im ersten Abschnitt. Der sogenannte Typenbau Querplatte (QP) von den Architekten Collein, Dutschke und Kaiser folgte mit seiner standardisierten Bauweise den Vorgaben Chruschtschows und ließ durch seine 3,60 Meter breiten Wohnräume keine kommerzielle Erdgeschossnutzung zu. Der Fokus lag hierbei, anders als bei den Arbeiterpalästen auf funktionalen und platzsparenden Grundrissen.4
Das Kino Kosmos wurde nachträglich 1962 von Josef Kaiser und Heinz Aust in eine der wenigen Grünanlagen, die die Allee in diesem Stück unterbrechen, aus der Häuserflucht zurückgesetzt gebaut. Es hebt sich mit seinem flachen Baukörper, dem eierförmigen Zuschauersaal und seiner modernen Gestaltung stark von den benachbarten klassizistischen Bauten ab. Mit seinen damals 1.000 installierten Plätzen war es das größte Kino der DDR. Seit 2006 wird es als Eventlocation genutzt.4
Als Pendant hierzu bauten die beiden Architekten 1963 das Kino International im westlichen Teil an der Schillingstraße. Mit seiner prägnanten Auskragung im Obergeschoss setzt es sich von der umliegenden Plattenbebauung ab. Bis 1990 fungierte es als Premierenkino der DDR, auch heute wird es noch als Filmtheater genutzt.7
Ein weiteres Werk der Architekten, das Café Moskau liegt gegenüber dem Kino International und wurde 1964 erbaut. Das zweigeschossige Atriumgebäude beinhaltete ein Nationalitäten-Restaurant mit Speisen aus verschiedenen Ländern der Sowjetunion. Es gliedert sich mit in die Struktur der Ladenpavillons ein und symbolisiert in seiner ideologischen Funktion die wichtigen Beziehungen zwischen DDR und Sowjetunion. Unterstrichen wird die Funktion von dem 9 mal 15 Meter großen Mosaik im Eingangsbereich “Aus dem Leben der Völker der Sowjetunion” von Bert Heller. Seit 2000 ist das denkmalgeschützte Gebäude Konferenzzentrum und Eventlocation.4 Mit zu diesem Ensemble gehört der beliebte Verkaufspavillon “Salon Babette”. Der ehemalige Kosmetiksalon wurde nach seiner Schließung 1992 in den frühen 2000ern als Bar und Projektraum im Stil der 60er umgenutzt. Heute fungiert die zweigeschossige Halle als moderner Eventspace.11, 12
Die Allee heute und Morgen
Auch heute, nach der Wende, ist die Karl-Marx-Allee insbesondere dank aufwendiger Sanierungen durch Investoren trotz steigender Mieten wieder attraktiver und beliebter Wohnraum in Berlin. In den neunziger Jahren wurde der gesamte Straßenzug inklusive Baukörper und öffentlichem Raum als Denkmalensemble unter Denkmalschutz gestellt. Nach wie vor durchschneidet diese absurd breite Straße das Viertel Friedrichshain, welches mit einer Dichte von mehr als 14.000 Einwohnern pro Quadratmeter den dicht besiedeltsten Bezirk Berlins bildet. Konträr hierzu scheint die große Menge an Raum, der kaum öffentlich genutzt wird. Insgesamt umfasst die Allee eine Fläche von ca. 365.709 Quadratmeter. Hiervon sind 136.976 Quadratmeter reiner Straßenraum, 86.153 Quadratmeter Begrünung und 142.580 Quadratmeter Bewegungsfläche für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen.
Bereits Ende der 90er Jahre gab es mehrere Visionen verschiedener Architekten zur Zukunft und Umgestaltung der Allee. Der polnische Architekt Romuald Loegler entwarf das “Blaue Band”, eine blaue, urbane Skulptur mit räumlichen Strukturen, die den öffentlichen Raum gliedern sollte. Auch das Architektenpaar Harrison sah in der Allee eine “unnötige Bevorzugung des Automobilverkehrs” und forderte einen Rückbau der Spuren, mehr Begrünung und Brückenstrukturen für die Fußgänger.3 Ab 2017 sollten in einem Werkstattverfahren mit fünf geladenen Büros sechs neue Pavillons entlang des westlichen Abschnittes entstehen. In Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz, Freiraum- und Verkehrsplanern, sowie Bürger*innen sollten somit die offen gebliebenen Stadträume in Anlehnung an bestehenden Strukturen und Planungen ergänzt werden. Als prägende Gestaltungselemente wurden hierbei die vollverglasten Straßenseiten, die Fassadenoberflächen aus Keramik, Stein und Glas, die Ausführung als Halle sowie die Schrift als Element, orientiert an den Werbeschriftzügen der Bestandspavillons festgelegt.13
Trotz der zahlreichen Ideen wurden bis heute nur vereinzelt Änderungen an der Allee vorgenommen: Autospuren wurden reduziert und zu Radfahrstreifen umgenutzt, der Mittelstreifen im westlichen Teil wurde begrünt, die Straßenlaternen wurden mit originalgetreuen Rekonstruktionen ersetzt, neugepflanzte Bäume, Hecken und Schmuckbeete säumen die Allee. Strenge Denkmalschutzanforderungen und der Antrag zur Aufnahme als UNESCO-Weltkulturerbe in Verbindung mit dem Hansa-Viertel, schränken die Umsetzung neuer Ideen stark ein. Somit bleibt offen, inwiefern sich die Allee in den kommenden Jahren verändern wird.14
Auch interessant
Autor*innen
Quellen
- Nicolaus, Herbert: Die Stalin Allee. Geschichte einer deutschen Straße, Berlin 1997
- Werner, Heike / Wallner, Mathias: Architektur und Geschichte in Deutschland, München 2006
- Cuadra, Manuel / Toyka, Rolf: Berlin Karl-Marx-Allee. Hintergründe ihrer Entstehung/ Probleme/ Visionen, Hamburg 1997
- Schendel, Dominik: Architekturführer Berlin. Neun Touren durch die deutsche Hauptstadt, Berlin 2022
- STALINBAUTEN e.V., : Stalinbauten. Interaktive Karte. http://www.stalinbauten.de/karl-marx-allee/#/, 19.07.2022
- Klett Infoblatt. Die sozialistische Stadt. http://www.klett.de/alias/1004536, 17.07.2022
- Balzereit, Xenia: tip Berlin. Geschichte der Karl-Marx-Allee: Aufstände, Arbeiterpaläste, Ausverkauf. http://www.tip-berlin.de/stadtleben/geschichte/karl-marx-allee-geschichte-stalinallee/, 20.06.2022
- Chruschtschow, Nikita: „Neun Touren durch die deutsche Hauptstadt“. In: Architekturführer Berlin, S. 232, Berlin 2022
- STALINBAUTEN e.V., : Stalinbauten. Interaktive Karte. http://www.stalinbauten.de/karl-marx-allee/#/, 19.07.2022
- STALINBAUTEN e.V., : Stalinbauten. Interaktive Karte. http://www.stalinbauten.de/karl-marx-allee/#/, 19.07.2022
- Architectuul. Bar Babette. http://www.architectuul.com/architecture/bar-babette, 31.07.2022
- FAZ. Rettet Babette!. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/berlin-bar-babette-soll-fuer-oeffentlichkeit-geschlossen-werden-15716991.html, 31.07.2022
- Bezirksamts Mitte von Berlin, (Hg.): Re: Pavillon – Neue Räume für die KMA II. http://www.kma-mitte.de/sites/default/files/2022-03/KMA-Inhalt-final-210625-Doppelseiten_klein.pdf, 31.07.2022
- MitteBitte. Umgestaltete Karl-Marx-Allee spaltet Gemüter. http://www.mitte-bitte.de/umgestaltete-karl-marx-allee-spaltet-gemueter/, 31.07.2022