Vor etwa 100 Jahren war die Sunset District unbesiedelt und von windgepeitschten Sanddünen bedeckt. Doch in den 1930er-Jahren geschah etwas – die Große Depression. Unter Präsident Franklin D. Roosevelts „New Deal“-Ära wurden durch Hypothekenfinanzierung Tausende von Häusern gebaut. Diese machten Wohneigentum für Familien möglich, die in der Vergangenheit nur davon träumen konnten, ein eigenes Haus zu besitzen.

Geschichte

San Francisco entsprang 1947 dem ehemaligen Handelsposten „Yerba Buena“ entlang der kalifornischen Küste. Zahlreiche Goldfunde im Jahr 1848 sorgten dafür, dass die Bevölkerung der Stadt stark wuchs, sie sich rasch entwickelte1. Zur damaligen Zeit war der Sunset District auf der Ostseite des Bergs Mount Sutro noch ein von Sanddünen und Gestrüpp bedecktes Gebiet. Erst in den 1860er-Jahren siedelten sich dort die ersten Ranches, Molkereien und Dynamitfabriken an2. Eine ausgeprägte Landwirtschaft konnte auf dem trockenen Boden nicht stattfinden, jedoch brachte intensive Viehhaltung und der Handel mit tierischen Produkten ein wirtschaftliches Standbein in die Siedlung. In den 1890er-Jahren folgten Künstler der Bohème-Bewegung und schufen am Ocean Beach Häuser aus recycelten Pferde- und Seilbahnen und so entstand die Nachbarschaft Carville3. Mit der Vermarktung und dem Verkauf des Landes erbaute im Jahr 1905 die Immobiliengesellschaft von William Crocker die erste große Wohnsiedlung am westlichen Rand3.

Übersicht

Regelwerke

Die Entwicklung in der Siedlung erlitt 1906 einen Rückschlag, da viele Gebäude durch das damalige Erdbeben zerstört wurden. Eine Ursache für das Ausmaß der Zerstörung war die damalige Bauweise: Ohne jegliche Baunormen oder Vorschriften wurden Gebiete einfach „aufgefüllt“ und Gebäude auf diesem instabilen Boden errichtet. Eine weitere Ursache lag in der Wahl der Baumaterialien. Als einzige Form des Brandschutzes wurden Gebäude vermehrt in Ziegelbauweise errichtet. Über die fehlende Stabilität dieses Baustoffes unter Erdbebenbedingungen gab es damals noch keine Erkenntnisse4. Der folgende Wiederaufbau wurde von unterschiedlichen Pionieren begleitet. Sowohl Jean-Jacques Vioget, als auch Jasper O‘Farrell missachteten jedoch bei ihren Planungen die vorhandene Topografie und wählten ein symmetrisches Raster auf vorhandene Sanddünen und Hügel5. Dieses Raster mit Abmessungen von ca. 80 x 190 Meter wurde bis heute weitestgehend beibehalten. Die Gebäude innerhalb der Parzellen sind als Blockrand angeordnet und weisen eine in Volumen und Grundstücksgröße konstante Dimensionierung auf. Genauere Vorgaben oder Vorschriften bei der Bebauung waren ursprünglich nicht angedacht, im Laufe der Jahre scheint sich allerdings ein Gebäudetypus standardisiert zu haben.

Bezirke
Raster
Topographie

Entwicklung

Im Jahr 1894 brachte das neu geplante Messegelände „California Midwinter International Exposition“ im Golden Gate Park Leben in den Stadtteil3. William Crockers Immobilienunternehmen begann im Jahr 1905 mit dem Bau des Bezirks Parkside, welcher die erste große Wohnsiedlung am südlichen Rand wurde. Obwohl es noch keine ausgebauten Straßenräume gab und der Stadtteil damals von der Innenstadt San Franciscos abgeschottet lag, wurden dort Häuser errichtet. Daraufhin entstanden durch die Bürger*Innen gegründete Vereine, die dem Bezirk helfen sollten, sich zu einer sicheren und urbanisierten Stadt zu entwickeln3. Die Bewohner*Innen des Parkside Bezirks gelten bis heute als besonders engagiert, da sie dieses Viertel gemeinsam aufgebaut haben. In den 1920-30er Jahren nutzten Bauträger neue Darlehen und erbauten viele erschwingliche Einfamilienhäuser im Sunset District3. Der Boom schwächte jedoch rasant ab.  Um dem entgegenzuwirken, hatte Präsident Franklin D. Roosevelt versucht, den Bau durch Hypothekenfinanzierungen im Rahmen des „New Deals“ weiter anzukurbeln. Dadurch kamen viele Arbeiterfamilien in die Siedlung, die Häuser im Wert von 3.000 - 5.000 Dollar kauften2. Ab den 1930er-Jahren brachte der Fließbandbau einen effizienteren Bauprozess, woraufhin ein Meer von Stuckhäusern  mit zwei bis vier Wohneinheiten entstand6. Heute umfasst der District über 25.000 Gebäude, wovon fast 96 Prozent Einfamilienhäuser sind6.

1900-1934
1935-1944
1945-2009

Verkehr und Infrastruktur

Die im Gitterraster angelegten Straßen werden zwischen den „Avenues“ in Nord-Süd- und den „Streets“ in Ost-West-Richtung unterschieden. Dabei sind die „Avenues“ durchnummeriert, beginnend im Osten mit der 2nd Avenue. Eine der wenigen Ausnahmen in der Nummerierung bildet dabei der Sunset Boulevard, welcher als sechsspurige Hauptstraße zwischen der 36th und 37th Avenue verläuft. Eine weitere Hauptverkehrsader ist die 19th Avenue, welche, genau wie der Sunset Boulevard, den Sunset District mit dem Golden Gate Park verbindet. Der Stadtteil ist stark auf den Individualverkehr ausgerichtet. Dies spiegelt sich in den gut ausgebauten und breiten Straßenschnitten sowie in den zahlreichen privaten und öffentlichen Parkmöglichkeiten wider. Darüber hinaus weist der gesamte Stadtteil nur sechs gekennzeichnete Fahrradwege auf - drei in horizontaler und drei in vertikaler Richtung7. Der Bau des Sunset Tunnels und der neuen Straßenbahnlinie Anfang des 20. Jahrhunderts, wirkten langen Pendlerstrecken in die Innenstadt entgegen. Eine öffentliche Anbindung bildet dabei bis heute die Linie N „Judah Street“, die zwischen Ocean Beach und der Innenstadt verläuft und zur meist genutzten Strecke der „Muni“ zählt. Neben der Linie N gibt es heute noch die Linie L, welche entlang der Taraval Street verläuft. 

Schnitt Avenue
Ansicht Avenue
Axo Avenue
Schnitt Street
Ansicht Street
Axo Street

Öffentlicher Raum

Der Sunset District wird von großen Grünflächen gerahmt. Der Golden Gate Heights Park bildet dabei die einzige Ausnahme, bei der das strenge Raster des Stadtteils aufgebrochen wurde. Viele Bewohner verschlägt es jedoch in den deutlich größeren, nahegelegenen Golden Gate Park. Der in mehrere Segmente gegliederte Park bietet zahlreiche Attraktionen, darunter Museen, Wiesen und Gärten8. Südlich angrenzend befindet sich der San Francisco Zoo, der älteste und größte Zoo im Norden Kaliforniens9. Die Überquerung von drei Straßen, darunter ein viel befahrener „Highway“, macht den Ocean Beach für Bewohner und Tourist wenig attraktiv. Der Strand ist hauptsächlich beliebt bei Surfern, da es einen starken Wellengang gibt und ist damit für Badegäste eher ungeeignet10. Eine prominente Strandpromenade sucht man im Sunset District vergebens.  Auf dem größten Wasserreservoir San Franciscos inmitten des Districts wurden fast 24.000 Solarpaneele installiert. Das Sunset-Reservoir-Projekt hat die Versorgung San Franciscos mit erneuerbaren Energien mehr als verdreifacht. Das Reservoir trägt dazu bei, die öffentlichen Busse, den internationalen Flughafen, Gesundheitskliniken und andere lebenswichtige städtische Dienstleistungen zu versorgen11.

Grünflaeche

Nutzungen

Im Sunset District finden sich nur wenige „Attraktionen“, daher ist es ein relativ preiswerter Ort zum Leben und eher unattraktiv für Touristen. Dennoch haben sich im Laufe der Jahre drei „öffentliche Zentren“ gebildet. Durch die Messe wurden viele Touristen angelockt, sodass sich in der Nähe des Eingangsbereichs zur 9th Avenue viele Geschäfte und Gastronomie ansiedelten. An der Schnittstelle von Irving Street und 9th Avenue befinden sich auch heute noch zahlreiche Restaurants, Cafés und Geschäfte, sowie begehrte Sehenswürdigkeiten, wie beispielsweise der Botanische Garten oder das De Young Museum12. Entlang der Noriega Street befinden sich zahlreiche überwiegend asiatische Geschäfte, welche hauptsächlich von den Einheimischen genutzt werden13. Die letzte der drei auffällig von kommerziellen Nutzungen geprägten Straßen ist die Taraval Street. Die Geschäfte, welche auch mit der Straßenbahn erreicht werden können, reichen bis zum Sunset Boulevard. Der Boulevard trennt das „Outer Sunset“ vom belebten Rest des Sunset Districts. Es ist ein eher abgelegener Ort mit günstigen Motels, Surfer-Apartments und wenigen Restaurants und Cafés14

Öffentliche Nutzungen
Wohnnutzung
Öffentliche Nutzung
Mischnutzung

Gebäudetypen

Die zweistöckigen Reihenhäuser mit Flachdach stehen dicht aufgereiht, ohne bauliche Trennung. Sie definieren kleinere Hausgrößen mit standardisierten Grundrissen zur Kostenoptimierung und maximalen Effizienz. Die meisten Häuser bestehen aus fünf Zimmern auf 92 Quadratmeter Wohnfläche verteilt. Im Erdgeschoss befindet sich die Garage, welche vereinzelt, als Keller genutzt wird. Im Obergeschoss befinden sich die Wohnräume, Küche und das Badezimmer6. Oliver Rousseaus „Patio-Plan-Typologie“ brachte Licht und Luft in den zentralen Teil des Hauses. Der Lichthof im Obergeschoss ist von mehreren Räumen aus zugänglich6. Die Gebäude weisen, je nach Baujahr, unterschiedliche Fassadentypen auf. Die Stiltypen bewegen sich zwischen französisch-provinzial, spanisch-kolonial, mediterran und Tudor-Revival.6 Darüber hinaus wurden stetig strukturelle Veränderungen an den Gebäudetypen vorgenommen. In den 1920er veränderte sich die Positionierung des Eingangs vom Erdgeschoss (Typ 1) zum Obergeschoss und schaffte damit eine bauliche Distanz zwischen den Gebäuden6(Typ 2), (Typ 4). Die Ausrichtung des Eingangs veränderte sich wiederum in den 1930-er Jahren: Orthogonal zur Fassade angeordnet und über wenige Stufen zu erreichen, konnte der Eingang nicht mehr von der Straße aus eingesehen werden (Typ 3)6. In den 1940er-Jahren wurden Tunnel im Erdgeschoss gebaut, die den Eingangsbereich umschlossen. Teilweise entstand dabei ein Durchgang direkt bis zum Garten (Typ 5). Darüber hinaus wurde das Split-Level eingeführt. (Typ 6)6.

Fassade Typ 1
Fassade Typ 2
Fassade Typ 3
Fassade Typ 4
Fassade Typ 5
Fassade Typ 6
 

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Autor*innen

  • Laura-Julia Peter (Leibniz Universität Hannover, Abteilung für Stadt- und Raumentwicklung, Sommersemester 2020)
  • Natalie Wilhelmi (Leibniz Universität Hannover, Abteilung für Stadt- und Raumentwicklung, Sommersemester 2020)

Quellen

  1. Planning History of San Francisco. Early San Fransisco. http://planninghistoryofsanfrancisco.weebly.com/early-san-francisco.html, 16.05.2020
  2. Kerr, Dara: California Home and Design. SAN FRANCISCO’S SUNSET DISTRICT EXPERIENCES AN ARCHITECTURAL RENAISSANCE. https://www.californiahomedesign.com/trending/2012/12/10/san-francisco-s-sunset-district-experiences-architectural-renaissance/, 01.05.2020
  3. Western Neighborhoods Project. A Short History of the Sunset District. https://www.outsidelands.org/sunset.php, 21.05.2020
  4. Planning History of San Francisco. The Great 1906 Earthquake. http://planninghistoryofsanfrancisco.weebly.com/the-great-1906-earthquake.html, 16.05.2020
  5. Planning San Fransisco. San Fransisco Planning Commission. https://default.sfplanning.org/publications_reports/SF_Planning_Centennial_Brochure.pdf, 2017
  6. Brown, Mary (Hg.): Planning San Fransisco. SUNSET DISTRICT RESIDENTIAL BUILDERS, 1925-1950 Historic Context Statement. https://default.sfplanning.org/Preservation/sunset_survey/Adopted_SunsetHCS.pdf, San Francisco 03.04.2013
  7. San Francisco Municipal Transportation Agency. San Fransisco bike map. https://www.sfmta.com/sites/default/files/pdf_map/2020/04/sf_bike_map2019_5.31.19.pdf, 31.05.2019
  8. San Francisco Days. Golden gate Park (Overview). http://www.sanfranciscodays.com/golden-gate-park/, 02.05.2020
  9. Park Scout. San Fransisco Zoo. https://www.parkscout.de/ziel/san-francisco-zoo/tierpark-in-san-francisco-kalifornien, 11.05.2020
  10. California beaches. Ocean beach San Fransisco. https://www.californiabeaches.com/beach/ocean-beach-san-francisco/, 04.06.2020
  11. Recurrent Energy. Sunset Reservoir. https://recurrentenergy.com/portfolio/sunset-reservoir/, 17.05.2020
  12. San Francisco days. Sunset/ Irving Street. http://www.sanfranciscodays.com/sunset-irving/, 02.05.2020
  13. San Francisco days. Sunset/ Noriega Street. http://www.sanfranciscodays.com/sunset-noriega/, 02.05.2020
  14. San Fransisco Travel. Where to eat in the inner and outer Sunset. https://www.sftravel.com/article/where-eat-inner-and-outer-sunset, 15.08.2017
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